Vorgebackene und tiefgekühlte Pizza gehört zu den meistverkauften Fertiggerichten. In den 1960er Jahren in den Vereinigten Staaten entwickelt, gelangte sie über Italien nach Europa. 1966 wurde eine „Minipizza“ samt dazugehörigem Aufbackofen vom italienischen Speiseeishersteller Motta auf Messen in Frankfurt und München vorgestellt. Lieferbar war sie in Kartons à 17 Stück zu je 0,75 DM (inflationsbereinigt heute 1,52 Euro).
Tiefkühlpizza in großen Mengen stellte seit 1968 der Backwarenproduzent Romano Freddi aus Mantua her. Er entwickelte die Grundlagen zum Formen des Teigs, des Belegens und des Vorbackens für die industrielle Großproduktion. Neben der italienischen Firma Esselunga belieferte er auch Dr. Oetker, die Firma, die als erste die Tiefkühlpizza auf den deutschen Markt brachte. Ebenfalls 1968 folgten die ersten Hersteller in der Schweiz, 1970 die ersten in Deutschland, darunter auch Wagner, heute europaweit einer der Marktführer von Tiefkühlpizza mit einem Anteil von über 30 % in Deutschland sowie 26 % in Europa. Von Wagner wurde auch 1976 erstmals die tiefgekühlte „Steinofenpizza“ auf den Markt gebracht. Größter Hersteller in Europa ist die Freiberger Lebensmittel GmbH, die 1976 aus der „Pizza-Versandbäckerei“ entstand, einem kleinen Berliner Betrieb, den Ernst Freiberger, Sohn eines Eiscremeherstellers (Efa-Eiskrem), gegründet hatte.
Handelsübliche Tiefkühlpizza in Folie
Der Verkauf von Tiefkühlpizza stieg in Deutschland rasch an: 1973 wurden 2.800 Tonnen hergestellt, 2020 277.000 Tonnen. Die absatzstärksten Sorten des Herstellers Dr. Oetker waren 2017 nach Eigenangaben Salami, Speciale (Salami, Schinken, Champignons), Thunfisch, Hawaii (Schinken, Ananas) und Margherita. Dr. Oetker hat diese Sorten über Jahrzehnte vor allem in zwei Produktlinien vermarktet, die in den meisten Supermärkten omnipräsent sind: Die „Ristorante“-Linie, die angeblich wie in einem italienischen Restaurant schmeckt, und „die Ofenfrische“, deren Teig nicht vorgebacken ist, sondern erst im Backofen des Endverbrauchers aufbäckt.
Die Geschäftsführerin des Deutschen Tiefkühlinstituts Sabine Eichner ordnet die Tiefkühlpizza als Lifestyle-Produkt ein. Von Januar bis Juni 2021 wurde ein Umsatz von 1,3 Milliarden Euro mit Tiefkühlpizzen erwirtschaftet. Davon wurden mehr als 1 Milliarde Euro mit Markenprodukten umgesetzt.
Die Herstellung von Tiefkühlpizza weicht in der Reihenfolge von der traditionellen Zubereitung ab. Die ausgestanzten Teigfladen werden zuerst mit Tomatensauce bestrichen und vorgebacken, dann nach dem Abkühlen mit den weiteren Zutaten belegt und schließlich schockgefroren. Der Teig enthält neben Weizenmehl und Hefe auch modifizierte Stärke und zusätzliche Triebmittel wie Natriumhydrogencarbonat, was das Backen ohne vorheriges langsames Auftauen ermöglicht. Sowohl beim Vorbacken als auch beim Fertigbacken im Haushaltsbackofen liegen die Temperaturen weit unter denen eines Pizzaofens. Von einigen Herstellern wird mittlerweile auch Tiefkühlpizza mit ungebackenem Boden angeboten.
Als weitere Convenience-Food-Form neben der Tiefkühlpizza bietet der Einzelhandel Pizza-Kits im Kühlregal an. Sie enthalten den Teig (oft bereits aus- und auf Backpapier aufgerollt), der dann mit der ebenfalls enthaltenen Tomatensoße und separat zu erwerbenden Zutaten belegt werden kann.